Lob - des Kindes Droge Nr.1?

Lob - des Kindes Droge Nr.1?

Kaum ist man in der Nähe von Spielplätzen oder Schulen hört man es immer deutlicher „super“, „gut gemacht“, „bravo“. Das gute alte verbale Lob-Zuckerl.

Warum man sich nicht ganz sicher sein kann, ob Loben uneingeschränkt hilfreich ist: Wir versuchen dir zu erklären, welche Arten es gibt und welche Wirkung sie haben können. Eines vorweg genommen: Man kann davon abhängig werden!

Unser Leben lang waren wir in dem Glauben, ein gut gemeintes Lob erfreut Groß und Klein. Es kann folglich nichts Schlechtes sein. Auf dem ersten Blick stimmt diese Ansicht. Aber wenn man ein bisschen genauer hinsieht, erkennt man die möglichen Tücken.

Uns ist klar, dass dieses Thema eines der umstrittensten der Erziehungspädagogik ist, daher werden wir mit Fakten argumentieren.

Lob ≠Lob

Ein Lob ist nicht gleich ein Lob. Man kann sagen, dass es zwei verschiedene Arten davon gibt. Ein ehrlich gemeintes Lob und ein manipulatives.

Das ehrlich gemeinte Lob

Es kommt von ganzen Herzen. Wenn dein Kind z.B. seine ersten Schritte macht oder zum ersten Mal Mama sagt.

Das manipulative Lob

Wie der Name schon verrät, dieses Lob manipuliert. Sein Zweck ist einzig und allein die Kontrolle. Dein Kind isst ohne zu kleckern:

 „Heute ist dein Lätzchen ganz sauber geblieben, das hast du ganz toll gemacht!“ (Oder: „Ich hoffe du isst weiterhin ohne zu patzen“)

 „Wie toll dein Zimmer aufgeräumt ist, da hast du dich ja richtig ins Zeug gelegt!“ (Oder: „Bitte räum unbedingt dein Zimmer künftig auch so fleißig auf.“)

 

Selbst wenn dein Kind es noch nicht in Worte fassen kann. Kinder spüren, wenn sie manipuliert werden und etwas nicht ehrlich gemeint ist. Das ärgert sie, verständlicherweise!

 Die Droge Lob

 Bei genauerer Betrachtung gibt es eine weitere Art von Lob.

 Ein gut gemeintes Lob

 Es ist weder manipulativ, noch völlig ernst gemeint ist.

 Die Intention mag gut sein, das Resultat jedoch nicht. Angenommen deine Tochter malt zum ersten Mal eine Blume. Du siehst sie hat sich Mühe gegeben, aber einer Blume ähnelt dieses Bild nicht. Um sie nicht zu kränken, sagst du „Waow, das hast du ja toll gemacht!“. Zukünftig malt sie nicht mehr aus purer Freude, wie sie es zuvor gemacht hat. Sie malt um das ersehnte Lob zu bekommen.

 Je öfter desto mehr

Je öfter man künftig lobt, desto mehr erwartet sich das Kind, ein Lob. Versetze dich in die Rolle des Kindes. Du zeichnest. Deine Mama ist begeistert und lobt. Jedes Mal. Doch einmal, als sie gerade abgelenkt ist, als das Wasser am Herd kocht, die Schwester schreit und das Telefon klingelt, sagt sie nichts zum Bild. Das verstehst du nicht. Hast du etwas falsch gemacht? Gefällt es deiner Mama nicht mehr? Hat sie dich jetzt nicht mehr lieb?

Für manch einen Leser, mag diese Sichtweise übertrieben sein. Doch für Kinder ganz und gar nicht. Sie haben noch nicht die Erfahrung. Sie verstehen nicht wie Erwachsene, dass die Liebe ihrer Eltern nicht von ihren Taten oder Fähigkeiten abhängig ist. Noch weniger, wenn ihnen Liebe immer dann entgegen gebracht wird, wenn sie etwas „gut“ „toll“ oder „super“ machen.

Entzugserscheinung dieser Droge wäre dann, Zweifel. Zweifel an der Liebe ihrer Eltern und Zweifel folglich an sich selbst. Wolltest du zuerst das Selbstbewusstsein mit dem Lob für die gezeichnete Blume aufbauen, hast du es jetzt wieder zerstört.

Der Effort Effekt

Um zu verdeutlichen, dass „Nicht-Loben“, keine neue Erfindung von Bobo´s und Alternativen ist, hier der Beweis: Carol Dweck, eine Psychologin von der Standford Universität, untersucht schon seit Jahrzehnten, die Auswirkung von Lobeshymnen. Eine Langzeitstudie sollte mehr Aufschluss über die Auswirkung von Lob bringen. Dazu gingen Dweck und ihr Team in den 5. Jahrgang verschiedener Klassen und pickten jeweils ein Kind heraus.

Hier der Test:

Die Schüler bekamen einen einfach zu lösenden Geschicklichkeitstest. Danach wurden die Kinder bewusst in zwei Gruppen eingeteilt.

Phase 1, sie werden nach dem Test gelobt:

Gruppe A: Diese Gruppe wurde aufgrund ihrer Charakterzüge bewertet. Sie lobten diese Kinder folglich aufgrund wie sie sind. „Du bist wirklich schlau.“

Gruppe B: Die zweite Gruppe wurde aufgrund ihres Verhaltens bewertet. Sie lobten die Kinder folglich aufgrund wie sie etwas tun. „Du hast dich offenbar wirklich angestrengt.“

Phase 2, ein weiterer Test nach Wahl:

In der zweiten Runde konnten sich die Schüler selbst aussuchen, ob sie einen schwierigeren oder leichteren Test machen. 90 % der Gruppe A, die wegen ihres Charakterzuges bewertet wurden, wählten den leichteren Test. Gruppe B, deren Verhalten beurteilt wurde, entschied sich tendenziell für den schwierigeren Test.

Die „Schlauen“ wollten wahrlich nicht „dumm dastehen“ und hatten Angst einen Fehler zu begehen.

Phase 3, ein Test zum Scheitern verurteilt:

In Phase 3 bekamen alle Schüler einen Test, der für Siebtklässler gedacht war. Ein Scheitern war vorhersehbar. Gruppe A, die dachten sie seien gescheit, zweifelte an ihrer Intelligenz. Gruppe B, die zuvor für ihre Anstrengung gelobt wurde, gaben erst nach mehreren Versuchen auf. Sie führten den Misserfolg nicht auf sich selbst, sondern auf ihre Arbeitsmoral zurück.

Phase 4, ein Test so leicht wie der erste:

Der letzte Test, der ihnen gegeben wurde, war so einfach wie der erste. Gruppe A, die ihre Intelligenz beim vorherigen Test anzweifelten, schnitten 20% schlechter ab. Gruppe B, die den Misserfolg auf ihr Verhalten und nicht auf sich selbst bezogen, waren um 30% besser, als beim ersten Test.

Carol Dweck vermutete, dass ein falsch angebrachtes Lob seine Folgen hat, hätte aber nie damit gerechnet, dass die Ergebnisse solch eindeutige Maße annähmen.

Alternative zum Lob

Hier empfiehlt sich die Salzmethode, wie wir sie nennen: zu viel ist tödlich, zu wenig langweilig. Ein gesundes Mittelmaß ist auch hier wünschenswert. Wie schon erwähnt ist ein manipulatives Lob schlecht und zu viele nicht ernst gemeinte, nicht dienlich. Daher ist es erwägenswert, manipulative Lobe gänzlich wegzulassen und gut gemeinte zu überdenken.

Nicht zu loben, bedeutet nicht, sich seinem Kind nicht mehr positiv zuzuwenden. Es bedeutet, seinem Kind die Freude an der Tätigkeit zu lassen und nicht die Freude am Resultat. Ihm nicht das Gefühl zu geben, etwas vollbringen zu müssen um Aufmerksamkeit und Liebe zu bekommen. Ihm seine innere, von der Natur gegebene Motivation zu lassen.

Ein ehrlich gemeintes Lob, sich mitfreuen, ist ohne Frage legitim und wünschenswert.

Erwischt du dich auch manchmal dabei, dein Kind nicht ehrlich zu loben?

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